Warum Tennisspieler einen schnellen Einstieg in Pickleball finden
Es gibt diese Momente im Sport, in denen man das Gefühl hat, einen alten Bekannten in völlig neuer Kleidung zu treffen. Genau so geht es vielen Tennisspielern, wenn sie zum ersten Mal einen Pickleball-Schläger in die Hand nehmen. Kaum sind die ersten Bälle gespielt, entsteht dieses merkwürdige Déjà-vu: vertraut und doch überraschend anders. Und ehe man sich versieht, fragt man sich, warum man nicht schon früher eingestiegen ist.
Pickleball ist für Tennisspieler so etwas wie ein komprimiertes Tennis – ein „Tennis to go“. Die Bewegungen, die Schlagtechniken, das Ballgefühl: All das lässt sich mühelos übertragen. Und trotzdem muss ein Tennisspieler umlernen. Bekannte Schläge aus dem Tennis sind im Pickleball nicht so erfolgreich. Der Slice Volley geht eher langsam nach oben und hilft nur dem Gegner. Langsam spielen ist im Pickleball meistens erfolgreicher als immer nur Speed-Up. Auf den richten Moment warten ist der Schlüssel zum Erfolg im Pickleball.
Was Tennisspieler jedoch wirklich lieben, ist die unmittelbare Belohnung eines tollen Schlages. Pickleball ist ein Sport der sowohl schnelle Punkte als auch lange Rallys miteinander vereint. Erst Fehlervermeidung und dann sofort Attacke. Timing, Präzision, die Fähigkeit, unter Druck die richtige Entscheidung zu treffen. Und sie spüren sofort: Dieses kleinere Spielfeld macht die Dinge intensiver, aber nicht komplizierter.
Hinzu kommt ein nicht zu unterschätzender Faktor: der soziale Charakter. Während Tennis oft von Einzel- und Doppelduellen geprägt ist, funktioniert Pickleball überwiegend in der Gruppe. 20 Spieler auf 3 Feldern - kein Problem. Kurze Sätze bis 11 und permanent wechseln ist die Devise. Der Einstieg wird dadurch weicher, kommunikativer – und für viele Tennisspieler erfrischend unkompliziert. Es ist, als würde man die Ernsthaftigkeit des Wettkampfs ablegen, ohne den Spaß am Schlägersport zu verlieren.
Vielleicht ist das der wahre Grund, warum so viele Tennisspieler mühelos in Pickleball hineinfinden: Pickleball fühlt sich an wie ein vertrauter Lieblingssport, der beschlossen hat, lockerer zu werden. Weniger Perfektion, mehr Spielfreude. Ein Sport, der die Technikforscher genauso abholt wie die Feierabendspieler. Und der zeigt, dass man manchmal nur den Schläger wechseln muss, um wieder die Leichtigkeit zu entdecken, die einen einst zum Tennis gebracht hat.
Pickleball-Experte Stefan Kornhaß
(3facher Deutscher Meister im Einzel, Doppel und Mixed 50+, 3 Platz bei der Pickleball-Europameisterschaft in Rom, Altersklasse 50+)