„Ehrlichkeit statt Perfektion“ – Martin Kares im Interview mit Andy vom TF24magazin

Andy: Martin, viele kennen dich als Trainer, YouTuber und jetzt auch als Buchautor. Aber wer ist Martin Kares eigentlich abseits des Platzes?

Martin: Ich bin ein Mensch, der zwei Berufe liebt: Webdesign und Tennis. Tagsüber baue ich Websites, nachmittags stehe ich seit 25 Jahren auf dem Tennisplatz. Beides hat mich geprägt, beides inspiriert mich. Ich bin jemand, der gerne kreativ arbeitet, strukturiert denkt und gleichzeitig viel Energie aus dem Umgang mit Menschen zieht. Ich würde mich als kreativen Kopf bezeichnen, dem die Ideen nie ausgehen und der seine Ziele sehr zielstrebig und ehrgeizig verfolgt.

Andy: Du hast schon mit 16 entschieden, Trainer zu werden. Das ist ungewöhnlich früh.

Martin: Stimmt. Damals stand ich unter den Top 200 in Deutschland und war auf dem Weg Richtung Tennisprofi. Aber irgendwann wurde mir klar: Der Weg dorthin ist brutal – mental, körperlich, zeitlich. Ich wollte ein normales Leben, Freunde, Freiheit. Dann hatte ich zwei größere Schicksalsschläge, die ich auch in meinem Buch beschreibe und die mir ein Stück weit die Entscheidung weg vom Profi und hin zum Trainer abgenommen haben. Ich habe außerdem gemerkt, dass mir das Coachen unglaublich Spaß macht. Da war dann irgendwann die Entscheidung gefallen.

Andy: Trotzdem hast du als Spieler einiges erreicht. Unter anderem hast du fünf Jahre Bundesliga Herren 30 bei ST Lohfelden gespielt.

Martin: Das waren großartige Jahre. Bundesliga bedeutet hohe Intensität, starke Gegner und eine tolle Teamdynamik. Es hat mich als Spieler und Trainer extrem weitergebracht. Aber vor allem hat es mir gezeigt, dass Tennis ein Teamsport ist – auch wenn man alleine auf dem Platz steht. Die Fahrten mit dem Team in den süddeutschen Raum werden mir für immer in positiver Erinnerung bleiben.

Andy: In deinem Buch sprichst du offen über persönliche Herausforderungen. Warum war es dir wichtig, das zu teilen?

Martin: Weil es mich geprägt hat. Zwischen 16 und 21 hatte ich eine Somatisierungsstörung – Panikattacken, körperliche Beschwerden ohne Befund. Das war eine extrem schwere Zeit. Ich fühlte mich überfordert und verlor die Lust am Tennisspielen. Ich finde, im Sport wird viel zu selten offen darüber gesprochen. Und ich wollte zeigen: Hinter jeder Spieler- oder Trainerkarriere steckt ein Mensch. Daher kann ich sehr offen darüber sprechen und habe es auch in meinem Buch ausführlich beschrieben.

Andy: Ein Mensch, der heute ein gutes Verhältnis zu seinem Vater hat, obwohl es früher schwierig war.

Martin: Ja. Mein Vater hat mein ganzes Tennisleben begleitet, mich überall hingefahren, alles organisiert. Damals fühlte ich mich unter Druck, heute bin ich einfach dankbar. Wir verstehen uns besser denn je. Ich denke nicht, dass ich meinen Kindern das bieten könnte, was mein Vater damals für mich getan hat.

Andy: Dein Buch „Erfolgskompass für Tennistrainer“ habe ich hier in der Hand. Der Umfang ist wirklich bemerkenswert. Dein Buch ist Self-Publishing, komplett eigenständig erstellt. Warum hast du das gemacht und wie ist das Buch entstanden?

Martin: Die Idee entstand fast auf den Tag genau ein Jahr vor der Veröffentlichung. Im September 2024 war ich bei einem Seminar von Christian Bischoff. Dort gab es eine Übung: Die eine Hälfte der Teilnehmer stellte sich vor, wo sie in einem Jahr stehen möchte, die andere Hälfte applaudierte minutenlang, als wäre dieses Ziel schon erreicht. Und mitten in diesem Applaus stand ich mit einem klaren Gedanken: „In einem Jahr halte ich mein eigenes Tennisbuch in der Hand.“

Was dann folgte, war viel härter, als es von außen aussieht. Es war ein Jahr voller Rückschläge, schlafloser Nächte, Zweifel und Selbstkritik. Ich habe alles in Eigenregie gemacht: Texte, Konzept, Übungen, Videos, Buchaufbau. Rund 5000 Arbeitsstunden sind eingeflossen. Eigentlich sollte das Buch im März 2025 erscheinen, aber ich lag zurück. Und irgendwie passte es dann perfekt, dass es genau ein Jahr nach meinem Entschluss – im September 2025 – wirklich fertig war.

Für mich ist dieses Buch kein finanzielles Projekt. Ich werde damit kein Millionär. Aber das war nie das Ziel. Dieses Buch ist ein Stück von mir, entstanden aus Überzeugung, aus meiner Liebe zum Tennissport und dem Wunsch, anderen Trainern echten Mehrwert zu bieten. Genau deshalb bedeutet es mir so viel.



Andy: Das Ergebnis gilt jetzt schon als eines der umfangreichsten Werke zum Vereinstraining. Wie kam es zu dieser Dimension?

Martin: Durch Frust und Leidenschaft. Ich habe auf YouTube nach realistischen Trainingsvideos gesucht – und nur perfekte Szenen von Top-Talenten gefunden. Das war Lichtjahre entfernt von meinem Alltag als Vereinstrainer. Also habe ich angefangen, selbst Videos zu produzieren. Daraus entstand mein Kanal, später meine Plattform tennistraining-online.com, die mittlerweile knapp 2500 Tennisübungen bietet und auf der sich rund 800 Tennistrainer aus aller Welt inspirieren lassen. Und irgendwann dachte ich: „Warum eigentlich kein Buch dazu?“

Andy: Was macht deinen theoretischen Teil so besonders?

Martin: Er verbindet Fachwissen mit echten Geschichten. Es ist kein trockener Theorieteil, sondern eine Mischung aus Erfahrung, Biografie und praktischen Erkenntnissen. Ich behandele Themen, die in keiner Trainerausbildung vorkommen. Ich erzähle von echten Konflikten, echten Problemen und echten Lösungen. Alles, was im Verein passiert, findet sich dort wieder.

Andy: Der praktische Teil ist fast schon ein eigenes Buch. 250+ Übungen, alle als Video – das ist außergewöhnlich.

Martin: Ja, und auch da war mein Anspruch klar: Nur Übungen, die im Verein funktionieren. Keine Showübungen. Keine Wunderkinder. Jede Übung gibt es als Video – mit echten Kindern, echten Fehlern, echten Fortschritten. Ich kommentiere viele Übungen persönlich, damit Trainer genau wissen, worauf es ankommt. Das ist meiner Meinung nach einzigartig.

Andy: Du hast viele Menschen erwähnt, die dich auf dem Weg begleitet haben. Wer war am wichtigsten?

Martin: Mein Mentor Michael Kreuzer, der lange Jahre Trainerausbilder beim Hessischen Tennisverband war. Ich habe mit ihm Technikmodule aufgenommen, durch die sich mein Fachwissen stark verbessert hat. Ich habe viel von ihm gelernt. Dann mein Freund und Kollege Timo Goebel, mit dem ich immer wieder Videos produziere. Meine Schwester Julia, viele Trainerkollegen und natürlich die Kids aus meinem Verein. Und meine Familie. Ohne diese Menschen würde dieses Buch nicht existieren.

Andy: Zum Abschluss: Was möchtest du, dass Trainer nach dem Lesen deines Buches fühlen?

Martin: Dass sie verstehen, wie wichtig ihre Arbeit ist. Vereinstraining ist die Basis des Tennissports. Und ich wünsche mir, dass sie neue Ideen bekommen, neue Motivation – und das Gefühl: „Das probiere ich morgen aus.“ Wenn das passiert, hat sich die Arbeit gelohnt.

Andy: Danke, Martin, für das spannende Gespräch! Wir drücken dir für dein großartiges Buch alle Daumen und sind sicher, dass wir in Zukunft noch viel von dir hören werden.