MyRacketInterview mit Markus Harnack, Gründer von myRacket
„Wir wollen Tennis fairer, präziser und individueller machen.“

Mit myRacket hat Markus Harnack gemeinsam mit seinem Team etwas geschaffen, das es so im Tennissport bisher nicht gab: maßgefertigte Tennisschläger auf Basis echter Spieldaten – entwickelt, gebaut und abgestimmt in Deutschland. Im Gespräch erzählt der Gründer, wie die Idee entstand, warum Daten und Objektivität und weshalb Fairness und Wissen zentrale Bausteine seiner Vision sind.

Markus, wie ist die Idee zu myRacket entstanden? Wann hast du beschlossen, eigene Tennisschläger zu entwickeln – und das auch noch „Made in Germany“?

Markus: Die Idee zu myRacket entstand eigentlich durch einen guten Freund, der Europas größtes Fittingstudio für Golfschläger aufgebaut hat. Er ist selbst leidenschaftlicher Tennisspieler und kam irgendwann zu uns mit der Frage: „Warum gibt’s im Tennis eigentlich nur Schläger von der Stange – und keinen objektiven Fitting-Prozess wie im Golf?“ Diese Frage hat uns nicht mehr losgelassen. Denn wenn man ehrlich ist: Es gibt im Tennis keinen wirklich objektiven Auswahlprozess. Selbst wenn ich weiß, welches Gewicht, welche Balance oder welches Schwunggewicht zu mir passt – am Ende kann ich trotzdem nur aus fertiger Massenware wählen. Da war der Gedanke für uns eigentlich ganz logisch: Wenn es keinen Prozess gibt, entwickeln wir eben einen. Und wenn es keine passenden Schläger gibt, bauen wir sie einfach selbst. Genau so ist myRacket entstanden. Ein kleiner Funfact: Als wir anfingen, uns intensiv mit dem Thema zu beschäftigen, waren wir überrascht, wie groß die Toleranzen zwischen vermeintlich „gleichen“ Schlägern der großen Hersteller tatsächlich sind. Und dann das Thema Schlägerlänge – fast alle sind 68,5 cm lang. Warum eigentlich? Die meisten Profis spielen längst mit längeren Schlägern – ich mittlerweile auch. Sie bringen für die meisten nur Vorteile. Und so sind wir heute fast der einzige Hersteller, der auch bewusst längere Schläger anbietet (über 80% unserer verkauften Schläger sind länger als 68,5cm.

Ihr werbt mit Präzision, Technik und Leidenschaft. Was unterscheidet myRacket in der Praxis von anderen Schlägerherstellern auf dem Markt?

Markus: Wir unterscheiden uns in vielerlei Hinsicht von den großen und etablierten Herstellern. Der wichtigste Punkt ist ganz klar: das Fitting. Egal ob on court oder online – wir sind die Einzigen weltweit, die ein objektiven Auswahlprozess anbieten. Und das völlig unabhängig vom Kauf eines Schlägers. Jeder Spieler kann erst einmal objektiv herausfinden, was er wirklich braucht – ohne Verkaufsdruck. Nach dem Fitting kann man sich dann den perfekten Schläger exakt so bauen lassen. Oder – was viele spannend finden – wir können sogar alte Lieblingsschläger nachbauen. Denn oft unterscheiden sich Nachfolgemodelle stark von ihren Vorgängern. Wir machen daraus wieder „den alten“, perfekt angepassten Schläger. Ein weiterer großer Unterschied liegt in unserer Grifftechnologie. Wir drucken unsere Griffe im 3D-Druckverfahren. Das klingt futuristisch, hat aber klare Vorteile: Wir können das Gewicht und die Balance harmonischer verteilen und jede Form individuell gestalten – rund, eckig, dick, dünn. Wir sprechen also nicht mehr von L1, L2 oder L3, sondern von echten Griffumfängen, die sich perfekt an die Hand anpassen. Und das schöne: Das Material ist zu 100 % recycelt.

Ein zentrales Element eurer Philosophie ist das Fitting. Wie läuft ein Online- oder OnCourt-Fitting bei euch ab, und welche Rolle spielen dabei Daten und Analysen?

Markus: Beim Fitting geht es uns darum, objektiv, daten- und zahlenbasiert herauszufinden, welcher Schläger wirklich perfekt passt – in allen Parametern: Länge, Gewicht, Schwunggewicht, Balance, Bespannung, Saitenbild und mehr. Jedes Fitting startet mit einem kurzen Fragebogen. Daraus errechnet unser Algorithmus eine erste Empfehlung. Aber die schauen wir uns zunächst gar nicht an – wir wollen die Spieler erst einmal unvoreingenommen erleben. Beim On-Court-Fitting schlägt der Spieler rund 500 Bälle mit etwa 15 verschiedenen Schlägern. Diese Schläger sind äußerlich identisch, unterscheiden sich aber immer nur in einem Parameter. So können wir Schritt für Schritt herausfinden, welche Kombination am besten funktioniert. Ein Kamerasystem begleitet das Ganze, misst Geschwindigkeit, Netzüberflug, Flugkurve und Schlaglänge. Am Ende bekommt jeder eine detaillierte Auswertung und unsere Empfehlung – völlig unverbindlich. Was der Spieler danach macht, bleibt ihm überlassen. Unser Ziel ist, dass jeder endlich weiß, welcher Schläger wirklich zu ihm passt.

myRacket
Bild: myRacket

Ihr bietet sowohl maßgefertigte Schläger als auch Standardmodelle an. Wie definiert ihr die Zielgruppen – und worin liegen die wesentlichen Unterschiede?

Markus: Unser klarer USP ist die Kombination aus Fitting-Prozess und maßgefertigtem Schläger. Jeder Schläger wird individuell abgestimmt – bis ins kleinste Detail. Gleichzeitig bieten wir auch Standardmodelle an, vor allem für unsere Partnerakademien und Kunden, die sofort spielen möchten. Doch auch diese Modelle sind alles andere als „Standard“. Sie sind bewusst 1 cm länger als der Industriestandard – also 69,5 cm statt 68,5 cm. Klingt wenig, macht aber einen riesigen Unterschied: Der Aufschlag bekommt sofort mehr Hebel und Wucht. Dazu setzen wir auf ein Saitenbild von 18 x 20 – für maximale Kontrolle. Power und Spin entstehen bei uns über Länge, Balance und Gewicht. So sind auch unsere Serienmodelle echte Performance-Schläger – mit Konzept statt Kompromiss.

Besonders spannend klingt euer Konzept der „mitwachsenden“ Jugendschläger. Wie funktioniert diese Idee technisch, und was möchtet ihr damit langfristig verändern?

Markus: Das Thema Kinder- und Jugendschläger liegt uns besonders am Herzen. Viele Eltern kennen das Dilemma: Der Sprung vom 26-Zoll-Kinderschläger zum Erwachsenenschläger ist riesig. Entweder spielt das Kind zu lange mit einem zu kleinen Schläger – oder wechselt zu früh und kämpft mit zu großem Griff oder zu hohem Gewicht. Unser mitwachsender Jugendschläger schließt genau diese Lücke. Er ist etwas länger als ein klassischer 26-Zoll-Schläger, aber kürzer und leichter als ein Erwachsenenschläger. Es gibt zwei Varianten – 255 g bei 67,5 cm und 265 g bei 68 cm. Wenn das Kind wächst oder technisch Fortschritte macht, muss kein neuer Schläger gekauft werden. Der Schläger kann einfach eingeschickt und angepasst werden – in Länge, Gewicht, Balance oder Griffgröße. So wächst das Material mit dem Kind mit. Das ist nachhaltig, technisch sinnvoll und langfristig besser für die Entwicklung.

Ihr produziert in Deutschland – ein ungewöhnlicher Weg in einer globalisierten Branche. Welche Vorteile bringt die Fertigung vor Ort, und mit welchen Herausforderungen seid ihr dabei konfrontiert?

Markus: Uns ist es wichtig, die Fertigungstiefe so weit wie möglich in Deutschland zu halten. Natürlich kommen unsere Rohlinge – wie bei allen Herstellern – aus Fernost. Aber ab dann läuft bei uns alles anders. Jeder einzelne Rahmen wird vermessen: Gewicht, Schwunggewicht, Balance. Alle Werte werden digital gespeichert. Wenn wir einen Schläger für einen Spieler bauen, wählen wir exakt den Rahmen, der perfekt zu seinen Daten passt. Dann kommt der in Deutschland 3D-gedruckte Griff dazu, der individuell gefertigt und im letzten Schritt feinjustiert wird. So garantieren wir minimale Toleranzen – wahrscheinlich die geringsten am Markt. Wir kombinieren also effiziente Produktion mit echter deutscher Präzision und Handwerk.

Ihr sprecht von einer Vision, den Tennisschlägermarkt „fairer und besser“ zu machen. Was bedeutet Fairness für dich in diesem Zusammenhang?

Markus: Für uns heißt Fairness vor allem: Ehrlichkeit und Wissen. Wir wollen mehr Transparenz in den Tennissport bringen. Viele Spieler wissen gar nicht, wie stark Gewicht, Balance oder Schwunggewicht ihr Spiel beeinflussen – und spielen unbewusst Material, das Sie nicht unterstützt im chlimmsten Fall sogar schadet. Mit unserem objektiven Ansatz helfen wir, das zu ändern. Jeder kann zu uns kommen, Fragen stellen, hinter die Kulissen schauen. Unsere Werkstatt steht offen – wir zeigen, wie wir Schläger bauen und worauf es ankommt. Und Fairness gilt auch beim Preis: Es gibt bei uns keine Rabattschlachten, keine künstlichen Aktionen. Jeder Schläger ist Handarbeit und kostet, was er kostet. Dafür stehen wir auch nach dem Kauf mit Service und Transparenz ein.

Wie reagieren Spielerinnen und Spieler auf eure innovativen Ansätze?

Markus: Das Spannende ist: Wir haben eigentlich keine feste Zielgruppe. Unsere Kunden reichen vom Bundesliga- und ATP-Spieler über ambitionierte Clubspieler bis hin zum Freizeitspieler mit Armproblemen. Bei den Profis geht es um Feintuning und Wiederholbarkeit – sie sind oft überrascht, welchen Unterschied schon kleine Parameter machen. Die größte Gruppe sind aber Hobbyspieler, die einfach wissen wollen: „Welcher Schläger passt wirklich zu mir?“ Und dann gibt es die Spieler mit körperlichen Problemen – Schulter, Ellbogen, Handgelenk. Studien zeigen: Rund 60 bis 70 Prozent dieser Schmerzen entstehen durch zu schwere Schläger. Heute lässt sich das mit modernen Materialien und unserem 3D-Druck-Ansatz komplett vermeiden. Wir haben zum Beispiel einen Spieler, der in Deutschland auf Platz 11 steht in seiner Altersklase – und unter 275 Gramm spielt, bei voller Stabilität - ja 1cm länger, viel Gewicht im Kopf aber das Grundgewicht super leicht für beste Agilität auf dem Platz. Auch bei einem 3h Match bei 30 Grad. Kurz gesagt: Wir sind für alle interessant – nur die Motivation ist bei jedem eine andere.

Datenbasiertes Design ist bei euch ein Schlüsselbegriff. Welche Technologien und Messmethoden nutzt ihr?

Markus: Unser Ziel war es, die Schlägerauswahl vom Gefühl hin zu Daten und Fakten zu bringen. Tennis ist technisch so anspruchsvoll – warum also nicht messbar machen, was funktioniert?
Der Prozess beginnt mit unserem Online-Fragebogen, der anhand von Parametern wie Spielstärke, bevorzugten Schlägen und körperlichen Voraussetzungen eine erste Empfehlung erstellt.
Im Fitting selbst folgt dann der Blind- und Halbblind-Test – die Spieler wissen nicht, welchen Schläger sie in der Hand haben. So können sie völlig objektiv bewerten, was sich am besten anfühlt. Parallel misst unser Kamerasystem Ballgeschwindigkeit, Netzüberflug, Flugkurve und Aufprallpunkte. Gerade beim Schwunggewicht sieht man deutlich, wie stark sich die Flugbahn verändern kann – obwohl der Spieler denkt, er spiele denselben Schläger. So machen wir Gefühl messbar – und schaffen ein einzigartiges Zusammenspiel aus Daten, Technik und Spielerfeedback.

Zum Schluss: Wo siehst du myRacket in fünf Jahren?

Markus: Wenn man auf andere Sportarten schaut – wie Golf –, sieht man, wohin die Reise geht. Dort sind rund 25 % aller Schläger individuell angepasst. Und das ist logisch: Kein Mensch ist gleich groß oder spielt gleich. Wir wollen in fünf Jahren der führende Spezialist für individuelle Tennisschläger sein – in Deutschland, in Europa und vielleicht auch weltweit.
Unser Ziel ist es, den Tennissport fairer, präziser und nachhaltiger zu machen – und dabei jedem Spieler das Werkzeug zu geben, das wirklich zu ihm passt.

„Am Ende geht es immer um eins: Dass jeder Spieler mit dem perfekten Schläger sein bestes Tennis spielen kann – schmerzfrei, mit Freude und voller Kontrolle.“ – Markus Harnack

Vielen Dank, Markus, dass du dir Zeit genommen hast, uns einen Blick hinter die Kulissen von myRacket zu geben.