Interview mit Tennis Transfer Gründer Christoph Bedürftig
Hi Christoph, schön, dass du dir Zeit nimmst. Steigen wir direkt ein. Warum sollte jemand TT nutzen? Was hätte er oder sie davon?
Christoph: Ganz konkret und auf persönlicher Ebene würde ich sagen: einen Gewinn an Zeit und Gelassenheit oder eben eine Reduktion von Frustration. Wenn wir Produkte nutzen, geht es uns auf persönlichster Ebene eben oft um ein Gefühl – neben dem reinen Produktnutzen. Ich selbst habe z. B. einmal ein Jahr lang kein neues Liga-Team nach einem Umzug nach Mainz gefunden und habe entsprechend abgebaut. Das war schon sehr frustrierend.
Was ist also der konkrete Produktnutzen?
Christoph: Bleiben wir doch bei dem Beispiel mit dem Umzug. Wer in eine neue Stadt zieht, hat x Dinge zu tun. Die Suche nach einem neuen Team z. B. Mit Tennis Transfer sorgen wir dafür, dass du dir teils binnen Tagen – unsere schnellste Vermittlung dauerte 24 Stunden – ein neues Team suchst, welches wiederum auf der Suche nach jemandem wie dir ist. Das kannst du dir wie bei ImmoScout vorstellen. Auf der anderen Seite sucht nämlich stets ein Mannschaftsführer nach einem Spieler für sein Team. Beide filtern in unserer Suchmaske, was sie wünschen und bekommen die entsprechenden Ergebnisse angezeigt.
Spannend. Das klingt naheliegend. Man möchte fast glauben, das gäbe es doch längst.
Christoph: Das dachte ich auch – und bis heute ist mir kein Service begegnet, der genau dies vom Hobbyspieler mit LK 23 bis zum Bundesliga-Profi bietet. Es gibt Plattformen, die bieten Ähnliches an, aber eben nicht konkret, was wir tun.
Wer ist denn genau eure Zielgruppe?
Christoph: Das sind vier verschiedene in unserem Fall. Der Spieler, der ein neues Team sucht, und der Mannschaftsführer, der sich weitere Spieler wünscht. Darüber hinaus aber auch – der Bedarf erscheint riesig, wie sich uns nun zeigt – Vereinsverantwortliche, die nach Trainern suchen und letztere, die neue Trainerjobs übernehmen wollen.
Also seid ihr auch Jobbörse?
Christoph: Wenn man so will: ja. Als Verein kannst du einen Trainerjob inserieren und als Trainer kannst du nach genau diesen suchen. Unsere allererste Vermittlung im März war eine zwischen Verein und Trainer. Sie hat zwei Tage gedauert.
Was ist dein Ziel dabei? Was treibt dich an und wie kam es überhaupt dazu?
Christoph: Ich fange mal mit der letzten Frage an. 2024 saß ich mit Justin Engel, seinem Trainer Jan Velthuis und dem Finalgegner Lautaro Farabella beim ITF-Turnier in Uslar während einer Regenpause in der Umkleidekabine und verfolgte ein Gespräch. Lautaro fragte in die Runde, ob jemand einen Club vermitteln könne, für den er in der Liga spielen könne. Mir war in dem Moment natürlich nicht bewusst, dass sich hier mein Leben verändern würde. Jan Velthuis antwortete als Bundestrainer, dass er leider nicht helfen könne, da er niemanden kenne. Und das war die Geburtsstunde der Idee zu Tennis Transfer. Ich dachte: Es könne doch nicht sein, dass dieses Gespräch genau so in 1993 hätte stattfinden können und dass es für so etwas doch einen digitalen Service geben müsse. Immerhin suchen wir heutzutage Partner, Autos und Wohnungen wie selbstverständlich im Internet. Was folgte, waren Wochen der Recherche und Kreativarbeit. Ich war wie elektrisiert. Der Antrieb war enorm, denn
a) liebe ich Tennis seit 1985 und
b) möchte ich am Ende des Weges durch die Einnahmen von Tennis Transfer durch die Turnierwelt reisen, junge Talente sichten und diese mit Sponsoringverträgen ausstatten.
Ich möchte dazu beitragen, dass Tennis Deutschland auch abseits von Verbandsarbeit wieder erfolgreicher werden kann. Das große Ziel ist erreicht, wenn Tennis Transfer innerhalb der nächsten neun Jahre über eine traumhaft moderne Tennishalle mit Gym und schickem Bürotrakt verfügt. Dieses Bild zieht und treibt mich magisch an. Ich sehe uns also als digitale Tennisagentur.
Man merkt dir deine Begeisterung an. Wie lässt sich das denn finanzieren?
Christoph: Wir halten es wie Spotify. Unser Service soll stets kostenlos bleiben. Die künftigen Einnahmen generieren wir durch Premium-Features auf Basis der Freiwilligkeit. Damit beginnen wir gerade erst und ich versuche weiter herauszufinden, wo echter Bedarf einen Nutzen gegen Geld decken könnte. Ganz konkret kannst du derzeit z. B. eine Mental-Strength-Checkliste bei uns einkaufen, mit der Spieler herausfinden können, wo sie ganz konkret mental stehen und wie sich Mentalcoaching für sie lohnen kann. Und da sind wir dann bei weiteren künftigen Angeboten. Bei uns wird man Beratung mit ATP/WTA-Profis einkaufen können – zu den verschiedensten Themen von Ernährung über Mentalcoaching bis hin zur Karriere- oder Finanzberatung. Alles maßgeschneidert für unseren schönen Sport. Um diese Themen geht es auch in meinem Buch „Systemisches Coaching im Leistungssport“ vom Springer-Verlag.
Ah, das sah ich. Jeder Neukunde bei TT erhält es als sofortiges Geschenk zum Download, gell?
Christoph: Exakt, hier schließt sich ein Kreis. Ich habe das Buch 2016 zu diesen mich umtreibenden Themen geschrieben und nun biete ich es allen als Geschenk, die sich bei uns registrieren.
Klasse, wer ist denn schon so bei euch angemeldet?
Christoph: Der Schwerpunkt unserer Nutzer liegt natürlich in Deutschland. Aktuell sind es überwiegend männliche Nutzer, weswegen ich gern auch die Damen aufrufen möchte, unseren Service zu nutzen. Ich beobachte immer wieder, dass Damen-Mannschaften nicht zustande kommen aufgrund von Spielerinnen-Mangel. Da können wir eine Brücke schlagen und den Team-Captains helfen, schnell eine neue Spielerin zu finden. Wir haben aber vom Ex-Profi aus der Schweiz über viele Trainer oder suchende Clubs bereits jetzt wirklich mehrere Hundert User, die uns nutzen. Tennis Transfer wächst täglich weiter.
Gerade bauen wir die Plattform so um, dass sie auch ideal für unsere österreichischen und Schweizer Freunde genutzt werden kann, denn auch hier besteht natürlich Bedarf.
Lass mich noch fragen, wen du als Konkurrenz wahrnimmst, wenn es euer Angebot im Netz noch nicht gibt, und ob du bereits offen für Partnerschaften bist.
Christoph: Ich sehe immer wieder Plattformen, die Spielpartner vermitteln. Ich erlebe sie nur bedingt als Wettbewerber, weil das nicht ist, was wir tun. Neue Partner finden ist natürlich ein Nebeneffekt unseres Service, aber wir fokussieren eben den Transfer zwischen Liga-Teams und Spielern, da so oft Frust entsteht, weil der eine kein Team findet und der andere sogar mit Geldstrafe das Winterteam abmelden muss. Ist mir alles selbst schon passiert. Was Partnerschaften angeht, bin ich sehr offen. Das Ziel ist ohnehin, ab sofort dezente Werbung zu schalten, die den Nutzer nicht stört und ihn sogar auf tolle Produkte aufmerksam macht – idealerweise natürlich im Tennis und im Sport allgemein.
Und wie schaut es mit Beteiligungen aus?
Christoph: Auch da bin ich offen, wobei mir schon wichtig ist, dass ein Teilhaber beispielsweise maximal beratend auftritt. Da Tennis Transfer einzigartig ist und der echte Bedarf durch täglich neue Nutzer sichtbar wird, erwarte ich nicht, dass wir plötzlich explodieren und dann wieder so schnell verschwinden, wie wir kamen. Ich erwarte ein stetiges Wachstum über Jahre und irgendwann wird die Nutzung unserer Dienste so selbstverständlich sein wie die Nutzung von eBay oder mobile.de. Insofern erwarte ich große Renditen, die mittelfristig auch für Investoren richtig spannend werden können. Noch besteht der Vorteil, dass man Anteile recht preiswert erwerben kann. Hier wird sich bald zeigen, wann es Geldgeber gibt, die diese Chance wittern. In jedem Fall braucht es an der Stelle einen visionären Tennisliebhaber, wie ich einer bin. Das Gute ist jedoch, dass wir aktuell nicht auf Fremdgeld angewiesen sind und daher weise aussuchen können, wen wir an Bord nehmen oder auch nicht. Für Gespräche dieser Art bin ich aber jederzeit offen.
Danke für das interessante Gespräch, Christoph.